Das Getränk der Hundertjährigen
[ 14. 01. 2022 - Lesedauer ca. 4 Min. ]
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Hand hoch, wer weiß, welches Getränk damit gemeint ist? Hier ein kleiner Hinweis: Unscheinbare, milchig-weiß scheinende Knöllchen, die wie von Zauberhand Milch in einen angenehm cremigen Zustand fermentieren. Richtig, Kefir ist damit gemeint.
Was Kefir genau ist und welche Vorteile er gegenüber anderen Milchprodukten bietet, erfährst du in meinem heutigen Blogbeitrag.
Oftmals wird im Bezug auf die Knöllchen vom Kefirpilz gesprochen. Das ist nur halb richtig. Tatsächlich besteht die Knolle aus einer Symbiose verschiedener lebender Mikroorganismen. Eine enorme Vielfalt an Bakterien und Hefen bildet eines der komplexesten Lebensmittel die wir kennen. Er kann enthalten:
· 16 Arten Lactobacillen
· 4 Arten Lactococcen
· drei Arten Leuconostoc
· 19 Candida Arten und
· 11 Saccharomyces Arten
Schaut mal auf das Etikett eures gekauften Joghurts. Und ... was entdeckt ihr da an „Vielfalt“ auf dem Etikett? Eben. Ihr werdet einen Bruchteil an Vielfalt entdecken. Wer also eine notwendige antibiotische Behandlung hinter sich hat, ist gut beraten, anstatt Joghurt mal selbst hergestellten Kefir zum Darmaufbau zu probieren. Der im Supermarkt angebotene, fertige Kefir ist dazu allerdings weniger zu gebrauchen, da er mit einer gefriergetrockneten Kultur aus weitaus weniger Microorganismen hergestellt wird. So langsam wird klar, warum es das Getränk der hundertjährigen heißt, oder?
Aber zurück zu unserer Kefirknolle. Lactobacillus kefyr scheint hierbei der heimliche Baumeister der Knöllchen zu sein. Aus Eiweißen und Kohlenhydraten baut er den Lebensraum für alle anwesenden Microorganismen. Und nicht nur das. Er baut sogar weiter an, wenn die Mitbewohner sich vermehren. Die Kefirknolle wächst, bzw. zerfällt je nachdem ob es ein tibetischer oder kaukasischer Kefir ist, in weitere Knöllchen. Er vermehrt sich nur bei guter Pflege. Dazu muss, je nach Menge und Temperatur der Kefir täglich mit frischer Milch versorgt werden. Denn die enthaltenen Microorganismen verstoffwechseln die enthaltene Lactose und legen die Milch dick. Ist diese Nahrung aufgebraucht, benötigen sie neue. Dazu gießt man den Inhalt des gesamte Behältnisses, in dem man seinen Kefir hält in ein Sieb und fängt die „Kefir-Flüssigkeit“ auf. Es ist übrigens ein Märchen, dass man ein Plastiksieb und einen Plastiklöffel benutzen muss, da der Kefir angeblich nicht mit Metallen in Berührung kommen darf. Das stammt wohl noch aus Zeiten, in der Siebe gerostet und Silberlöffel angelaufen sind. Die Berührung mit rostfreiem Metall macht dem Kefir nichts aus. Tatsächlich aufbewahren würde ich ihn aufgrund der Milchsäure aber nur in einem Glas oder in einem Keramikbehälter.
Der Kefir kann sofort getrunken oder gekühlt aufbewahrt werden. Die Knöllchen im Sieb gibt man, ohne sie abzuspülen wieder in das Behältnis zurück und versorgt sie mit frischer Milch. Auf diese Weise hat man jeden Tag einen selbst hergestelltes, probiotisches Kefir-Getränk. Wird einem das zu viel, kann man seinen Kefir in ausreichend Milch ein paar Tage im Kühlschrank parken. Die Aktivität wird durch niedrige Temperaturen gebremst. Das ist sehr hilfreich, wenn man sein „Haustier“ z.B. nicht mit in den Urlaub nehmen kann. Danach kann er einfach wieder bei Zimmertemperatur aufgestellt werden. Langsam beginnt die Aktivität wieder hochzufahren. Gegebenenfalls muss man den ersten Ansatz verwerfen. Aber da freuen sich Hund und Hühner auch drüber. Aber er kommt in der Regel wieder sehr schnell in Fahrt. Erstaunlich finde ich, dass selbst eingefrorene oder getrocknete Kefirknollen wieder zum Leben erweckt werden können.
Auch zum käsen ist Kefir geeignet. Es gibt durchaus sehr viele Fans dieser Herstellungsart. Irgendwo haben sie ja auch recht damit, denn als Käser macht man sich auf diese Weise nicht von der Industrie abhängig, sondern käst mit dem was einem die Natur bietet. Nur schade, dass man damit keinen standardisierten Käse herstellen kann. Für die professionelle Herstellung scheidet er daher aus. Aber für den Hobbygebrauch ist das eine echte Alternative. Anstatt eines gefriergetrockneten Direktstarters, kannst du fertig fermentierten Kefir verwenden. Er fungiert dabei als Säurewecker und bringt sogar eine Oberflächenreifungskulturen, z.B. Geotrichum candidum, mit.
Wenn du die Kefir-Herstellung ausprobieren möchtest: Ich verschenke meine Ableger an Selbstabholer. Du möchtest mehr über die Käse-Herstellung mit Kefir wissen? Schreib mir gerne, wenn du Interesse an einem Kurs hast.
Alles über Microbioben findest du bei www.fairment.de
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QUELLENNACHWEIS
- VHM Merkblatt, August 2019, Handwerkliche Herstellung von Kefir
- www.fairment.de